Eine Seite im Unterhaltsverfahren verlangt, "was mir zusteht, aber kein Cent weniger" und die Gegenseite will nur zahlen, was unbedingt sein muss, "aber kein Cent mehr". Das führt oft zu unsinnigem und nutzlosem Streit. Mit etwas Augenmaß können langwieriger Frust und Kosten vermieden werden.
Die Ausgangslage ist meistens diese: Der jeweilige Anwalt soll um jeden Cent feilschen. Jeder Euro, der "gewonnen" wird, ist ein Erfolg. Es fragt sich allerdings, für wen?
Mit den vorhandenen Tabellen, Leitlinien und Kommentaren kann relativ genau ein monatlicher Unterhalt errechnet werden, der vom Unterhaltsschuldner zu zahlen ist und der dem Berechtigten zusteht. Über einzelne Rechnungspositionen jedoch wird immer wieder vehement gestritten. Das führt nur allzu oft dazu, dass letztlich keine Partei zufrieden ist. In der Folge sind dann auch in anderen Bereichen, wie Umgang, keine vernünftigen Gespräche mehr möglich.
Klar ist, dass die bewährten Tabellen, Leitlinien und die Rechtsprechung eine Linie vorgeben, an der sich die Parteien orientieren sollten. Mehr aber auch nicht. Das Unterhaltsrecht ist nun einmal ein Einzelfallrecht und erfordert individuelle Lösungen. Die sind jedoch nur möglich, wenn alle Beteiligten mit Augenmaß handeln.
Die Berechnung "nach den Buchstaben des Gesetzes" sollte nicht das Ergebnis, sondern der Ausgangspunkt eines Unterhaltsstreits sein. Wenn sich der Unterhaltsberechtigte einfach einmal fragt, "brauche ich den Betrag wirklich?", oder der zur Zahlung Verpflichtete, "kann ich wirklich nicht mehr zahlen?", ist schon viel gewonnen.
Oft findet sich dann ein Kompromiss nach dem Motto "Leben und leben lassen".
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